Bauzinsen: Aktuelle Lage und Perspektiven
Im September hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins erneut gesenkt, diesmal um 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent, nachdem die Inflation rückläufig ist. Dies ist bereits die zweite Zinssenkung im Jahr 2024.
Der EZB-Leitzins beeinflusst die Bauzinsen und somit auch die Immobilienfinanzierung. Oliver Adler, Immobilienexperte bei Schwäbisch Hall, bewertet die aktuelle Lage positiv: „Die Bedingungen für Immobilienkäufe sind 2024 wieder günstiger geworden. Niedrigere Zinsen, sinkende Immobilienpreise, mehr Spielraum bei Preisverhandlungen und verfügbare Baukapazitäten erleichtern die Planung von Neubau oder Kauf. Wer eine Kaufentscheidung getroffen hat, sollte die aktuellen Zinstäler nutzen und in Verhandlungen einsteigen. Zwar könnten weitere EZB-Zinsschritte folgen, doch parallel könnte auch die Nachfrage steigen, was wieder höhere Immobilienpreise zur Folge hätte.“
Neue Chancen für Immobilienkäufer
Neben der Zinssenkung ist auch der Preisauftrieb bei Immobilien abgeflacht. Die Immobilienpreise sinken teilweise, und auch die Baukosten stagnieren, was Käufern und Bauherren mehr Spielraum für die Finanzierung gibt.
Unsere Grafik zeigt die Entwicklung der Bauzinsen seit 2003 für Kredite an private Haushalte mit Laufzeiten von bis zu 5, 10 und über 10 Jahren, basierend auf Daten der Deutschen Bundesbank.
Wie geht es weiter mit den Bauzinsen? Perspektiven aus der Finanzbranche
Dr. Rainer Eichwede, Kapitalmarktexperte bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall, gibt einen Ausblick: „Im Vergleich zu den Spitzenwerten 2023, als Bauzinsen bei bis zu 4,2 Prozent lagen, sind die aktuellen Immobilienfinanzierungen deutlich attraktiver. Unsere Experten erwarten bis Ende 2024 eine weitere leichte Zinssenkung der EZB, sofern keine globalen Schocks auftreten, besonders durch Inflationsentwicklungen in den USA und im Euroraum. Eine weitere Senkung könnte bei einer stabilen Inflationslage auch zu moderat niedrigeren Bauzinsen führen.“
Auswirkungen für Immobilienkäufer und Verbraucher
Eichwede erklärt: „Die Verbraucher kämpfen weiterhin mit hohen Lebenshaltungskosten durch die vorherige Inflation, die nur teilweise durch Lohnabschlüsse ausgeglichen wurde. Diese hohen Abschlüsse verstärken jedoch sogenannte Zweitrundeneffekte, wodurch die Inflation langsamer fällt, weil Dienstleistungen teurer werden.“
Auf dem Immobilienmarkt sorgt die nachlassende Kaufaktivität derzeit für mehr Stabilität. Dies schafft für Bauherren und Modernisierer die Möglichkeit, zu realistischen Preisen zu bauen und auf schneller verfügbare Handwerkskapazitäten zuzugreifen. Diese Phase ist besonders für geplante Bau- oder Umbauprojekte günstig.“
Wohin entwickeln sich die Bauzinsen?
„Ein Rückgang auf das frühere Niedrigzinsniveau von rund 1 Prozent ist bei Baufinanzierungen in den nächsten Jahren eher unwahrscheinlich“, betont Eichwede. „Sollte die Inflation weiterhin niedrig bleiben, ist aber auch kein drastischer Anstieg der Zinsen zu erwarten. Am wahrscheinlichsten ist derzeit eine Seitwärts- bis leicht abwärtsgerichtete Bewegung der Bauzinsen in einem Bereich von 3 bis 4,5 Prozent bis Jahresende. Diese Spanne stellt im historischen Vergleich gute Finanzierungsbedingungen dar und könnte die aktuelle Kaufzurückhaltung reduzieren.“
Auswirkungen auf den Immobilienmarkt
Da die Baukosten weiterhin hoch sind, ist bei Neubauten kaum mit weiteren Preisrückgängen zu rechnen. Im Gegenteil, es gibt bereits Anzeichen für eine Verknappung von Neubauten: Viele Projekte werden verschoben, und die Anzahl der Baugenehmigungen sinkt weiter.
Bei Bestandsimmobilien sieht die Lage anders aus. Hohe Energiekosten und ungünstige Lagen drücken hier momentan die Preise. Allerdings könnten knapper Neubau und steigende Nachfrage das Angebot an Wohneigentum bald wieder deutlich verknappen, was sowohl Kauf- als auch Mietpreise in die Höhe treiben würde.
Die gegenwärtigen Bedingungen bieten daher Chancen für alle, die Wohneigentum erwerben möchten. Eine Prüfung der eigenen finanziellen Situation und der Immobilienmarkt ist aktuell besonders ratsam, da sich die Nachfrage vermutlich bald wieder verstärken und die Preise steigen könnten.