Mittelschicht und junge Leute können vom Eigenheim nur noch träumen
Für Immobilieninteressenten brechen durch die Zinswende raue Zeiten an, mit steigenden Bauzinsen, wachsenden Eigenkapitalanforderungen der Banken und nach wie vor hohen Immobilienpreisen sowie geringen Sparzinsen. Die Anzahl der Immobilienkäufer, die sich heute ohne weiteres ein Haus oder eine Wohnung leisten können, ist im letzten Jahr bedeutend kleiner geworden.
Was sind die Ursachen?
Steigende Bauzinsen und hohes Eigenkapital ergeben eine schlechte Mischung für eine Baufinanzierung. Rekordverdächtige Inflationsraten haben die Baukosten in ungeahnter Weise verteuert, die Kaufpreise für Immobilien in Großstädten und deren Umland bleiben weiterhin hoch. Seit geraumer Zeit steigen zudem die Bauzinsen enorm an. Hinzu kommt, dass Banken ihre Vergaberichtlinien für Baudarlehen verschärfen, weil sie spätere Kreditausfälle befürchten.
Warum sind die Bauzinsen angestiegen?
Die Bauzinsen begannen bereits 2021 aufgrund steigender Inflationserwartungen sowie daraufhin gestiegener Renditen bei Bundesanleihen und Pfandbriefen zu klettern. Die Corona-Krise, gestörte Lieferketten und der Ukraine-Krieg haben den Preisanstieg beschleunigt. Inzwischen liegen die Zinsen für eine Baufinanzierung im Vergleich zu 2021 viermal so hoch. Sie betragen gegenwärtig über 3 Prozent und legten allein im Juni 2022 um 0,5 Prozent zu.
Welche Folgen hat das für Immobilienkäufer?
Die Raten für Baukredite sind um mindestens 20 Prozent angestiegen. Statt einer Belastung von 1.100 Euro kommen jetzt beispielsweise 275 Euro mehr im Monat auf einen Immobilienkäufer zu. Die Raten für Bestandsimmobilienkredite sind sogar noch stärker angewachsen.
Wie viel Eigenkapital brauchen Immobilienkäufer?
Banken gehen bei der Baufinanzierung von 20 bis 30 Prozent Eigenkapital aus, wenigstens müssen die Nebenkosten der Baufinanzierung durch eigene Mittel abgedeckt sein. In diesem Fall werden ein hohes regelmäßiges Einkommen und eine sehr gute Bonität des Käufers vorausgesetzt. Gerade junge Leute und Durchschnittshaushalte konnten jedoch in der Vergangenheit nicht so viel Eigenkapital ansparen, weil die Sparzinsen minimal waren und die Einkünfte weniger stark gewachsen sind als die Immobilienpreise.
Wie hoch darf die monatliche Kreditbelastung sein?
Baufinanzierungsspezialisten empfehlen, bei den Ratenzahlungen nicht zu knapp zu kalkulieren. Mit unerwarteten Ausgaben ist in jeder Lebensphase zu rechnen. Daher sollte die Darlehensrate nicht mehr als 30 Prozent des monatlichen Nettohaushaltseinkommens betragen.
Was resultiert daraus für Immobilienkäufer?
Weil sie bereits für Energie und Lebensmittel mehr bezahlen müssen und die Einkommen damit nicht Schritt halten, wird der Immobilienkauf für viele Haushalte unerschwinglich. Insbesondere junge Familien und Normalverdiener können sich weder die gestiegenen Raten leisten noch mehr Eigenkapital aufbringen. Viele Kaufwillige müssen somit ihren Traum vom Eigenheim begraben oder können ihn erst viele Jahre später als geplant realisieren. Lediglich Abstriche an der Qualität des Objekts zu machen oder die Immobilienfinanzierung zu strecken, genügt für gewöhnlich nicht mehr, denn spätestens im Rentenalter sollte eine Immobilie abbezahlt sein.
Fazit
Deutschland weist ohnehin eine im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr geringe Eigentumsquote auf. Der Kreis der Interessenten, die ein Eigenheim erwerben können, verringert sich nun erneut. Selbst Gutverdiener haben schwer an einer Baufinanzierung zu tragen. Die dennoch im historischen Rahmen immer noch niedrigen Bauzinsen begünstigen die anhaltende Nachfrage nach bezahlbaren Immobilien.